Mittwoch, 20. August 2025

Tag 11a: Die letzte Ruhe will wohl überlegt sein

Graf-Meran-Haus - Seewiesen
(16,7 km - 400 Hm auf - 1.220 Hm ab)

Frühstück 06:30 Uhr. Ha, geht doch !

5 von 5 Schlafgästen sind pünktlich am Start.

FÜNF ? - Waren wir nicht gestern Abend nur zu dritt ?

Augenscheinlich sind die beiden Schweizer Nordalpen-Weg-Wanderer gleich von der Terasse ins Bett. Die beiden Linzer waren ja gegen 20:00 Uhr verschwunden und ich hatte alleine mit Getränk sowie Notizen immerhin bis fast 21:00 Uhr durchgehalten :-o

Nach einem klassischen Marmeladen-Frühstück (Wahl zwischen Pest und Cholera: (unrote) Erdbeere vs. (gelbe) Marille) sattle ich den Rucksack und gegen 07:30 Uhr geht es an diesem Wegweiser los in die Sonne.

Nun, hätte ich mal den GANZEN Wegweiser bzw. ALLE Schilder studiert :-(

Eine Viertelstunde später (und einige Höhenmetererfahrungen reicher) starte ich denn doch mal in die richtige Richtung und den anderen vieren hinterher: Der 01er und mein 05er verlaufen hier für einige Zeit deckungsgleich.

Am Rande des Plateaus (und nach Sichtung der ersten Gämsen auf dieser Tour) geht es gleich ans eingemachte: "Teufelssteigerl". Oha !

Nachdem der Steilabstieg gemeistert ist, geht es durch Wälder und über Wiesen zwischendurch von leichten Gegenanstiegen durchsetzt.

Die beiden Linzer, die heute ihren letzten Tag haben, hole ich bald wieder ein.

Etwas später geht es durch Alm- bzw. Ferienhäuschen-Gebiet und ich muß mich mal schnell mit einem Sprung weg vom Fahrweg retten, als ein Holztransporter schwungvoll um das Hauseck der nächsten Linkskurve gedonnert kommt.

Apropos Donner: Bereits seit vielen Tagen meldet die Wettervorhersage sehr stabil das Aufkommen einer Kaltfront mit instabilem Wetter, Gewittern und Starkregen ausgerechnet für morgen, Donnerstag 21. August 2025.

Bereits am Vorabend hatte ich mit Müh und Not (schlechter Empfang) eine SMS gen Chiemgau mit ZDFs (Zahlen-Daten-Fakten) und einen verbalen Arbeitsauftrag für Alternativplanung rausbekommen - die Bodenkontrolle ist ja noch auf dem Heimweg. Hier im Almgebiet und an Hand der nun menschlichen Uhrzeit wage ich auch mal, direkt beim ÖAV durchzuklingeln. Gert kennt sich ja gut aus und ist um praktische Tipps eigentlich nie verlegen.

Er hat von den ganz großen Alternativen bis zu lokalen Varianten allerlei Ideen und wie bei Gabi gehen mir diese auch - wie bestellt - per E-Mail zu. Danke Euch beiden ganz herzlich für die Unterstützung !

Nun muß ich mir im weiteren Abstieg nur noch überlegen, was ich genau, wie und wann anstelle.

Zuerst habe ich aber ganz andere Sorgen. Naheliegender. Im wahrsten Sinne des Wortes - nein, des Piktogramms - BEÄNGSTIGEND:

Ich bleibe auf den Wegen.

Ich bleibe sogar auf den markierten Wegen.

Nur Frau Schlange findet die scheinbar auch klasse :-o

Nach der Aufwärm-Übung mit dem Holzlaster ist es mir natürlich ein leichtes, mich mit einem agilen Hechtsprung (gut, daß ich NOCH jung bin) in Sicherheit vor dieser mörderischen Würge-Gift-Klapper-Zitteraal-Schlange zu bringen. Das ging geradeso nochmal gut aus !

Da lobe ich mir doch gemütliche Wiederkäuer am Wegesrand...

Skurile Züge nimmt aus meiner Sicht zwischenzeitlich am Weg der Heiligenkult an: Aus der Ferne wundere ich mich über die Betonhundehütte mit Dach am Weg, von nahem betrachtet, entpuppt sich der Zweck und vor allen Dingen der Sinn dann aber in ganz anderer Hinsicht...

An der Seebergalm (augenscheinlich ein reines Ferienhäuschen-Konglomerat) findet sich dann eines der ganz alten Wege-Taferln am Weg, inkl. Homage an 01er/05er und die Europäischen Fernwanderwege E4 und E6:

Außerdem bemerkt der geneigte Leser an der führenden "8", daß wir schon wieder die Gebirgsgruppe gewechselt haben - das geht hier deutlich schneller als mit den Unterhosen !

Über die alte Straße führt mich mein Weg bergauf in Richtung Paß.

Dort - am Seebergsattel - bleibt die Straße (und das nicht ausgeschilderte Weitwander-Kreuz von Carl Hermann) auf Entfernung rechts liegen, ein paar Ratlosen auf der Suche nach einer Rundwanderung kann ich leider auch nicht wirklich helfen und so steige ich lieber durch Wald - dem Nord-Süd-Wanderweg weiter folgend - ab.

Etwas später kann ich über die Ausläufer des Örtchens Seewiesen hinweg das Seetal sehen, wo der Weg weitergeht und dann zur Voisthaler Hütte hinauf führt, meinem eigentlichen Tagesziel für heute.

Aber, ich habe mich mittlerweile anders entschieden: Da morgen 1,5 Etappen auf dem Plan stünden, die Überschreitung des Hochschwab-Plateaus mit dem höchsten Punkt des 05ers, die Alternativen auch nicht wirklich prickelnd sind und auch für heute Nachmittag bereits Gewitter angesagt sind, entscheide ich mich gegen das Durchziehen des Plans und für eine alternative Lösung:

Der 11:47-Uhr-Bus ist mir zwar just vor der Nase - um die Länge des Gesprächs mit dem orientierungslosen Pärchen am Paß - weg gefahren, aber in zwei Stunden fährt der nächste.

Genug Zeit für eine Einkehr im Gasthof Schuster und Double-Check der Wetterlage:

Ja, morgen vom Blitz erschlagen zu werden, wäre WIRKLICH eines der schlechtesten Timings überhaupt - den Spruch gönne ich KEINEM Grabsteinschreiber ;-)

Ja, natürlich KÖNNTE ich das durchziehen: Ich bin München-Venedig in 28 Tagen am Stück nach Plan gegangen, habe mich auf dem Weg nach Monaco über 100 Tage von keinem Wetter aufhalten lassen, neige dazu, auch nach mehr als 1.100 Kilometern Anreise zu Fuß auf die Minute pünktlich zum Feierabend zu erscheinen (wie angetönt) bzw. zum Blind Date nach x Jahren und einer Anreise von 52 Wandertagen durch 6 alpine Nationen nur eine Minute zu spät zu erscheinen.

Aber diesmal nicht. Von wegen dogmatisch.

Näher als auf diesem Bild werde ich der Voisthaler Hütte vorerst nicht kommen:

Ich gebe den Wirten auf Voisthaler und Leobner Hütte mit Verweis auf das Wetter und das Risiko Bescheid, daß ich heute/morgen nicht kommen werde, finde ein Schnäppchen-Schnäppchen in Leoben, worauf ich noch einen Rabatt von 10% erhalte - da war doch nochwas in einer Mail von vor ein paar Tagen und checke die genaue Verbindung mit den Öffentlichen.

Dann kann ich beruhigt zu Mittag speisen und das Mahl mit einem Stückchen Torte abrunden.

Die beiden Schweizer sind auch schon etwas hibbelig, weil sie heute noch zur Voisthaler sollten und morgen dann das erste Stück auf dem 01er noch parallel zum 05er, dann aber auf einer anderen Route weiter. Ich teile ihnen meine Gedankengänge mit, entscheiden muß letztlich jeder selbst und gar zu extrem sollte die Kaltfront auch nicht werden, wobei bei "Kaltfront", ja nicht das "kalt" das Problem ist, sondern das Risiko in den "Front"-Gewittern liegt.

Als ich dann langsam meine sieben Sachen packe, treffe ich auch noch die beiden Linzer, die bestgelaunt hier ihren Abschied vom Nordalpen-Weg feiern:

Sie hatten dieses Jahr das optimale Timing: Für die beiden geht es planmäßig von hier zurück nach Hause und morgen wieder an die Arbeit.

Dafür, daß der eine von beiden seit er 20 Jahre alt ist, den 01er gehen will, haben sie ja quasi einen Slow-Start hingelegt, den Anfang ab Burgenland bzw. Ausläufern von Wien haben sie sich mal gleich ganz gespart, aber jetzt haben sie so richtig Blut geleckt, Gefallen daran gefunden und wollen spätestens mit 70 den Bodensee bei Bregenz am Ende des 01ers erreichen.

Schade, daß wir wohl nie werden feststellen können, wer von uns zuerst dort gewesen sein wird. Ich wette allerdings, viele würden jetzt darauf wetten... ;-)

Als ich dann in Seewiesen - Nord (nicht zu verwechseln mit [Bad] Wiessee in Bayern, siehe auch: Wien - Nizza, 2023: Tag 23) an der Haltestelle gen Tal stehe und nochmal ins Seetal schaue, sehen die Wolken schon deutlich bedrohlicher als vor 1,5 Stunden aus...

Die 2,5 nun von mir jetzt erstmal ausgelassenen Etappen im Hochschwab-Gebiet sind gedanklich schon mal für ein verlängertes Wochenende mit schönem Wetter vorgesehen, hatte mir doch vor Jahren eine Kollegin beim Coburger Alpenverein bereits von der Gegend vorgeschwärmt und mit der Wirtin vom Gasthof Schuster habe ich auch bereits einen Deal, was dann das Abstellen meines Autos angeht.

Die Zusatzaufgabe von Gert wird auch gleich mit erledigt: Schöne Grüße ausgerichtet, für Erinnerung beim Namen Kienast gesorgt und prompt werden mir die gesammelten Weitweg-Werke vorgezeigt, die hier auf die Wanderer warten.

Sehr schön !


Während ich im Bus gen Kapfenberg sitze, prasselt der erste Regen an die Scheibe und - was in Deutschland NIE funktionieren würde - das mit den drei Minuten Umsteigezeit in den Zug klappt ganz leger: Bus überpünktlich, Puffer einberechnet, Zug kommt UND fährt pünktlich. Ob das der Schweizer Einfluß der beiden Wanderer aus der Berner Gegend ist ?


Begegnungen:

- 1 Gams

- 5 Gämsen

- 1 Kreuzotter

- die beiden Linzer 01er-Wanderer

- die beiden Schweizer 01er-Wanderer


4 Kommentare:

  1. Antworten
    1. Ich und Namen ;-)
      Danke für den ortskundigen Hinweis, wurde umgehend verbessert...

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  2. Ma geht net afoch übern Seebergsottel und losst des Kreiz vom Carl Hermann rechts liegen (da kann die Schuster'sche Küche noch so locken...)

    Da musste ich zur Ermahnung (und Auftragserteilung) glatt persönlich vorsprechen, das hast du jetzt davon!

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    1. Sehr geehrter Obmann.
      Wie bei der mehrstündigen Einvernahme herausgearbeitet werden konnte, ist das entschiedene weitere Vorgehen wie folgt:
      1. Sie sorgen für die Aufstellung eines unübersehbaren Hinweis auf den lohnenswerten Abstecher weg vom Weg und hin zur Straße.
      2. Ich werde dies dann prüfen oder prüfen lassen.

      Zum Vorschlag der dreifachen Umrundung auf Knien kann ich nur anmerken:
      1. In meinem Alter leider nicht mehr möglich.
      2. In meiner Konfession nicht vorgesehen.
      3. Bei der Arbeitsgerätewahl werde ich weiterhin Messer & Gabel, Hammer & Sichel oder Kreuzen vorziehen !

      Habe die Ehre, K2 :-)

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