Ich bin noch mitten in einer Sitzung als Uli bereits SMS schreibt, daß er losgeht.
Ich lasse ihn gehen und hoffe, daß er mir noch etwas von der Paulus-Kapelle am Paß übrig läßt.
Und siehe da, heute strahlt sie im rechten Licht:
Die Kapelle wurde 1982/83 von den Weitwanderern erbaut und dort ist auch Carl Hermann, Erfinder/Erstbegeher des Nord-Süd-Weitwanderwegs 05 sowie Begründer der ÖAV-Sektion Weitwanderer wunschgemäß nach seinem Tod 1987 begraben worden.
Der Heilige Paulus war durch seine Missionsreisen der bedeutendste Wanderer der Urkirche und gilt bis heute als Schutzheiliger der (Weit-)Wanderer.
Auf den Dachbalken des Gebäudes sind die 10 großen österreichischen Weitwanderwege, aber beispielsweise auch der E6 verewigt.
Nach kurzem Innehalten und einer stillen Verbeugung, gehe ich die paar Meter wieder hinunter zum Paß der Weinebene (Erklärung, die mir zwischenzeitlich zulief: bereits in der Römerzeit verlief hier eine Handelsroute und der Wein war zu "heben", um darüber zu kommen, woraus später dann eben "Wein[h]eben(e)" wurde), um dann gen Süden meinen Weg fortzusetzen.
Wenn der Kopf auch ohne Betonmischer (siehe Lieblings-Graz-Monaco-Schnappschuß von Uli, 2014: Tag 096) zu schwer wird:
Im zuerst sanften Aufstieg pflüge ich quasi durch die Tagestouristen, die hier unterwegs sind. Nur der Gegenwind ist lästig, aber, daß es heute stürmisch ist, hat sich während des Frühstücks beim Blick nach draußen gezeigt: Da wogte nicht nur das Gras, sondern die ganzen Nadelbäume.
In der Flanke des Kleinen Speikkogels verpasse ich irgendwie den Abzweiger nach links, aber als ich am Sattel stehe, offenbart sich mir sowieso ein heute viel besserer Weg: Ein großer Kerl geht durch das Große Kar (mit Gams) in Richtung Großer Speikkogel !
In dem lang gezogenen Tal bin ich etwas windgeschützter als oben auf dem Grat am Kleinen Speikkogel entlang und so muß ich erst am Ende den Steilhang zum Seespitzsattel (2.040 m) erklimmen, wo ich erstmals auf der bisherigen WWW05-Tour die 2.000-Meter-Marke durchbreche (das Hochschwab-Gebiet mit dem eigentlich höchsten Punkt steht ja noch auf der Todo-Liste).
Zwischen Speiksattel (2.100 m) und dem Gipfel des Großen Speikkogels (2.140 m) kommen mir dann Uli - den ich schon lange aus der Ferne im Blick gehabt hatte - und sein alter Freund aus Schulzeiten Günter (genannt "Fradi") entgegen. Seit mehr als 50 Jahren sind die beiden befreundet, haben sich seit Corona aber nicht mehr gesehen und jetzt die Gelegenheit genutzt, die letzten 1,5 Tage der Wanderung zusammen zu gehen, weshalb sie sich hier oben getroffen haben.
Uli amüsiert sich bei unserer Begegnung, daß er heute mal zuerst dran ist.
Aber wie heißt es so schön: Wer zuletzt lacht, lacht am besten ! ;-)
Ich spaziere weiter hinauf in Richtung der markanten Radaranlagen (potentielles Primärziel der Russen, wie die beiden später meinen werden - ich hatte es mir nur gedacht)...
Am Gipfel hätte es mich ohne Wanderstöcke umgehauen: Der Wind ist mittlerweile stürmisch und die Seitenwind-Böen wortwörtlich umwerfend !
Nur ein schnelles Foto und nichts wie weiter.
Uli und Günter kamen mir zuvor entgegen, weil sie meinten, hier ginge es nicht weiter.
Da bin ich anderer Meinung !
Also nichts wie an den Radar-Anlagen am Gipfelgrat vorbei und ratzfatz in den netten Fußweg, der direkt hinüber zum Koralpenhaus führt...
Die Hütte wurde erst vor vier Jahren komplett neu gebaut - nichtsdestrotz hatten sie gerade einen Wasserschaden, weswegen im Sanitärbereich Trocknungsgeräte laufen, um die Feuchtigkeit aus der Zwischendecke zu bekommen.
Zehn Minuten nach mir kommen auch die anderen beiden an: Die ersten werden die letzten sein ! :-b
Wir wärmen uns auf und ich habe da schon auf Basis der Speisekarte eine SEHR gute Idee, wie mir das am besten gelingen wird:
Obwohl die Hütte so neu ist, gefällt mir die Bauart und die Platzaufteilung:
Als es etwas später weiter geht - der Abstecher hatte sich wirklich gelohnt - ist das Wetter besser, aber immer noch stürmisch.
Günter und Uli hole ich in der Querung mit leichtem Aufstieg (Fradi geht das heute nun zum dritten Mal ;-) hoch zum Übergang an der Scheibstatt (2.040 m) wieder ein und lasse sie hinter mir.
Nun geht es wieder - wie in den letzten Tagen - durch traumhaftes Wandergelände:
Zwischendurch ein Gedenkstein für zwei hier oben auf gerade mal knapp 2.000 Metern im Jahre 1975 im Schneesturm (am 1. Juli !) erfrorene, junge Nord-Süd-Weitwanderer: Damals war die Ausrüstung natürlich noch nicht so weit wie heute (wenn sie die Leute denn überhaupt dabeihaben !) und insbesondere auch keine GPS-Navigation bei schlechter Sicht verfügbar.
Weiter geht es, erst über offene Kuppen, an Felsen vorbei, dann etwas bewaldeter.
Zwischendrin im Wald die sogenannte "Kramerin" (das beeindruckend große Marterl aus losen Steinen), sowie einer Kapellen-artigen kleinen Schutzhütte (ebenfalls aus Lesesteinen, wo gleich an drei Frauenschicksale erinnert wird):
Unterwegs nehme ich mir noch die Zeit (habe ich heute mal wieder genug davon) für ein paar Farbspiele...
Über Almgelände kann ich dann am Horizont schon die Brendlhütte erahnen.
Als ich ankomme, ist noch einiges los. Das meiste sind aber Tagesgäste - teils sogar mit dem Pkw hier.
Am Ende sind neben Uli + Günter sowie mir, noch zwei Damen auf einer kleinen Mehrtagestour (Marion + Monika) hier über Nacht.
Die beiden Frauen haben Zimmer 1, ich residiere in Zimmer 2 (4-Bett-Zimmer) und die beiden Herren haben das Lager für sich (ca. 20 Schlafplätze).
Es ist mir ein Rätsel, warum die Wirtin am Telefon darauf bestanden hatte, ich möge eine WhatsApp schreiben - *lotfl* als würden richtige Informatiker SOWAS anfassen, weil sie gerade im Tal sei, um mir am nächsten Tag Rückmeldung geben zu können, ob Nächtigung möglich sei.
Nun eine RCS-Nachricht (das ist wenigstens ein Standard und kompatibel) oder zur Not eine SMS haben es dann auch getan mit Datum, Name und Schweinebraten.
Lecker war er !
Ich glaube ALLE Wanderer waren bereits VOR 19:00 Uhr in den Federn, aber die Kälbchen draußen auf der Weide haben es dann erst so richtig krachen lassen: Die sind umhergetollt wie junge Hunde !
Apropos Krachen: Das Gewitter kommt gegen 02:30 in der Nacht...
Begegnungen:
- 1 Gams
- Uli + Günter ("Fradi")
2.000er Gipfel/Übergänge:
- Seespitzsattel (2.040 m)
- Speiksattel (2.100 m)
- Großer Speikkogel (2.140 m)
- Scheibstatt (2.040 m)
Endlich geht der Block weiter. Es freut mich, dass dir das Koralmhaus zugesagt hat.
AntwortenLöschenLg
Kein stabiler (Daten-)Empfang an Brendlalm :-(
LöschenBlog mein ich
AntwortenLöschen