Freitag, 19. September 2025

Tag 11b: So war das aber nicht geplant

Seewiesen - Schiestlhaus
(14,2 km - 1.280 Hm auf - 140 Hm ab)

Der Bus 170 von Kapfenberg gen Mariazell setzt mich nach dem Vorlauf per S8 aus Leoben pünktlich (wir sind ja nicht in Deutschland) in Seewiesen-Nord ab.

Geneigten LeserInnen mit gutem Gedächtnis mag das folgende Motiv in ähnlicher - aber nicht ganz so strahlend blauer Form - ggf. ein wenig bekannt vorkommen: Tag 11a.

Um 10:10 Uhr mache ich mich also heute am Donnerstag, 19.09.2025 nahtlos vor dem Gasthof Schuster wieder auf den Weg. Den Rest-Weg. Die Hypothekenablösung.

Was der Kreditgeber vermutlich nicht bei der Vertragsunterschrift mit Blut realisiert hatte: Die Zinsen werden hier immer nur am MonatsENDE (rollierende Berechnung) nachträglich fällig.

Ha, 20. August + 1 Monat = MORGEN :-b

Also nichts wie los, wobei ich sicherheitshalber mal noch eine Kerze dafür anzünde, daß meine Tricksereien nicht früher oder später mal zu Galgenschlingen, Betonschuhen oder ähnlich unzierlichen wie unangenehmen Begleiterscheinungen führen mögen ;-)

Nach dem Abstieg in das "Ortszentrum" von Seewiesen wird die Seeberg(-Bundes)-straße gequert und dann lasse ich schrittweise - im wahrsten Sinne des Wortes - die Zivilisation hinter mir:

Der Nord-Süd-Weitwanderweg führt in das Seetal hinein...

See sehe ich zwar keinen, aber dafür Karst und trockene Geschieberinnen: Bei Starkregen kann es hier also auch spannend werden...

Kurz vor dem Talschluß zweigt die Markierung - also eigentlich beide: hier ist ja weiterhin der Nordalpenweg 01 noch parallel unterwegs - auf einen Pfad in den Wald ab...

So langsam wird Höhe gewonnen und ich bin über jedes Stückchen im Schatten froh, denn warm ist es heute schon.

Die Landschaft und das Wetter sind ein Traum: Ich bereue jetzt bereits NICHTS, was mein Hochschwab-Auslassen im August angeht, auch wenn dies das erste Mal in all den Jahren gewesen sein dürfte, wo ich alleine unterwegs wegen des Wetters wirklich mal gekniffen habe.

Der Wald hat sich mittlerweile auch in seiner Art verändert...

... und mit zunehmender Höhe wird er natürlich auch immer lichter.

Ein kurzer Blick zurück:

Kurz danach bin ich auch schon auf der Voisthaler Hütte, wo ich im August eigentlich übernachten wollte.

Bleiben ist nach knapp 2,5 Stunden unterwegs keine Option, aber es ist ja Mittag und da kehre ich zumindest ordentlich ein, damit die Wirtsleute noch ein wenig Umsatz mit mir machen, wo doch die kurzfristige, taggleiche Absage vor einem Monat so problemlos war.

Ein Süppchen und ein Liter Nachtanken geht rein wie nichts...

Überrascht stelle ich fest, daß ich schon ca. 60% des Aufstiegs und wohl ca. die gleiche Größenordnung was die Entfernung angeht, bereits absolviert habe.

Komisch.

Aber schnell verschwindet auch bereits wieder die erst vor ein paar Jahren nach 120 Jahren neu erbaute Hütte aus dem Rückspiegel...

Das Gelände erinnert mich zwischenzeitlich und später noch mehr an das Steinerne Meer: Geröll, Felswände, Dolinen und Grün dazwischen...

Aber direkt geradeaus baut sich dann eine Wand auf: Das Hochschwab-Massiv.

Der 05er biegt nun scharf rechts ab, auf den Graf-Meran-Steig, so daß es nicht zu einem Aufprall kommt und zu keiner gebrochenen Nase führt.

An der heutigen "Schlüsselstelle" warte ich erst noch etwas, um die älteren Herrschaften nicht zu stressen, die da gerade herunterkommen. 

Apropos Entgegenkommen: Bis zur Voisthaler sind mir bestimmt bereits 25-30 Leute entgegen gekommen, überholt habe ich dagegen nur vier.

Warum reißen die denn alle aus ?

Bei dem Wetter ?

Das Wochenende kommt doch erst noch ?

Das wird doch nicht an mir liegen... :-o

Der Steig ist wunderbar zu gehen und eigentlich nicht sonderlich steil - da hatte ich nach dem Studium des Führers ja etwas Anderes/Schlimmeres erwartet.

Die Markierung schlängelt sich nach und nach nach oben und - wie im Steinernen Meer - verliert man leicht mal den Weg und findet sich plötzlich ein paar Meter daneben: Heute natürlich gar kein Thema, aber bei Nebel/schlechter Sicht und/oder wenn Schnee/Hagel den Boden (und damit die dortigen Markierungen bedeckt) kann so etwas übel enden.

Wobei hier teilweise auch Stangen zur zusätzlichen Orientierungsunterstützung aufgestellt sind.

Ich blicke nochmal zurück und hinüber zum alternativen unteren Weg, der das Hochschwabmassiv vermeidet bzw. passiert:

Das ist für mich und heute natürlich keine Option, insbesondere weil mein Tagesziel noch diesseits des Gipfels liegt, weil die beiden Almen/Hütten danach ja auf Weisung des Grafen jährlich von 15. September bis 15. Oktober geschlossen zu halten sind.

Schon nicht leicht, mit den Großgrundbesitzern in der Steiermark (ähnlichen Mist gibt es im Gleinalmgebiet ja mit den Leichtensteins) :-(

Aber kommen wir zu etwas erfreulichem zurück:

Zwischendrin sieht man neben dem Weg immer wieder richtig tiefe Dolinen:

Wer sich da reinverirrt/-stürzt, dürfte nicht so schnell gefunden werden...

Nochmal ein Blick zurück:

Ich kann heute von der Landschaft gar nicht genug bekommen !

Aber irgendwie taucht dann plötzlich hinter einer Kuppe das Schiestlhaus bereits vor meiner Nase auf:

Vor ca. 20 Jahren war das wohl die erste Passiv-Energie-Hütte in den österreichischen Alpen und immerhin hatte da der Graf ein Einsehen:

Er stimmte einem Gebietstausch zu.

So konnte man die neue Hütte in aller Ruhe bauen, während die alte noch in Betrieb war und durch den erhöhten Standort (nicht mehr in einem Loch), gibt es auch viel weniger Probleme mit Schnee und Nässe.

Für leicht autistisch oder auch nur ordentlich veranlagte Menschen ist die ebenfalls ein Traum: SO kann ich arbeiten...


Wo ich bei der Lagervergabe froh bin: Ich muß NICHT in das zweite Obergeschoß, da hätte ich wohl Top-Rope-Sicherung verlangt, denn die Etagen sind hier ganz schön weit auseinander:

Tja, der Plan sah 6,25 Stunden Gehzeit vor (und hatte nichtmal den Abstecher zur Voisthalerhütte eingespreist) und nun war ich schon nach 4:10 Stunden Gehzeit am Ziel :-o

Und das, wo ich mich nicht sonderlich gut fühlte (subjektiv) und ganz objektiv - meine Waage zu Hause ist da leider unverschämt offen - habe ich in den letzten 2,5 Wochen zu Hause am Schreibtisch bereits 3-5 kg Muskelmasse verloren :-o

So viel zu diesen Leuten, die im Frühjahr für München-Venedig trainieren...

Aber, was will man machen, also mal schnell etwas getröstet, auch wenn das hier ca. 1 Promille eines einfachen Kleinwagens kostet:

Mmmh, 1 Promille. Fahren darf man da wohl nicht mehr. Aber wer denkt denn hier ans Fahren: Das hat noch bis Sonntagabend Zeit :-)

Lassen wir den Blick also von der Veranda nach vorne = morgen schweifen:

Das wird bestimmt gut.

Und morgen auch nicht so kurz.

Versprochen !


P.S.: Und heute habe ich auch erstmal Starlink verwendet: Gibt hier ein offenes WLAN.

Immerhin mal WAS, wo Elon mal etwas Gutes bewirkt hat, wobei das Satelliten-Durcheinander in den niedrigen Umlaufbahnen mittlerweile auch bereits ein Problem ist (neben dem Weltraumschrott): Der Mensch kann halt wohl einfach nicht nachhaltig und neigt zum Vermüllen. In jeder Hinsicht.


Begegnungen:

- Wanderin im Bus und später auf der Hütte (sie ist vom Seebergsattel gegangen)

- Miriam: meine Tischbekanntschaft aus Wien, die nach Abschluß meines Blogbeitrags anfing Fragen zu stellen - eigentlich war ich müde, aber 1,5 Stunden angeregtes Gespräch später, ist auch schon fast Hüttenschluß ;-)

Danke Miriam !


2.000er Gipfel/Übergänge:

- Schiestlhaus (2.153 m)


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